2023 Südamerika

Ripio

So können hier Straßen aussehen

Es rüttelt, schüttelt und vibriert. Hin und wieder schlagen Steine gegen das Fahrwerk oder auf das Chassis. Das Kischdle rumpelt wieder einmal lautstark über eine der vielen Schotterpisten: „ripio“ sagen die Einheimischen dazu – und fahren mit ihren Autos unbekümmert weiter.

Hatten wir am Beginn dieser Reise nur ab und zu mal anderen Belag als Asphalt auf den Straßen, so hat sich dieses Verhältnis seit Feuerland umgekehrt. Und manche dieser „Straßen“ sind in einem wirklich üblen Zustand. Überall, sogar in touristisch stark frequentierten Nationalparks, wie dem Torre del Paine, sind solche desolaten Pisten zu finden.

Auf die „Cuarenta“ ist man stolz, wie hier in Tres Lagos

Auch die legendäre „Cuarenta“, die RN 40, ist nicht durchgehend asphaltiert. So quälen sich beispielsweise Autos, Busse und LKW, aber auch Rad- und Motorradfahrer nach den touristischen Sehenswürdigkeiten wie Perito Moreno Gletscher und Fitzroy Massiv auf mehr als siebzig Kilometer über eine echte Rüttelpiste, die Mensch und Material ziemlich fordern. So staunen wir nicht schlecht, als wir nach einer solchen Fahrt am hinteren Reifen einen ziemlich großen Nagel entdecken, dessen Spitze gerade noch aus dem Profil ragt. Komischerweise entweicht keine Luft bis wir im nächsten Ort eine kleine „Gomería“ finden. Diese Werkstätten gibt es nahezu in jedem Dorf und auch jetzt wird uns sofort geholfen. „Mucho suerte“ meint der Werkstattinhaber, als er den Bösewicht aus dem Gummi gezogen hat, denn der 10 cm lange Nagel steckte nur im äußeren Profil, die Karkasse war nicht nach innen durchstoßen.

Man sieht nur die Spitze des Nagels

Dabei kann auch so eine „Gravelroad“ eine prima zu befahrende Straße sein. Wenn nämlich sogenannte „Grader“ den Wellblechbelag glätten und keine Schlaglöcher oder Felsstücke mehr zur Unebenheit der Oberfläche beitragen, kann man richtig flott dahin cruisen. Wie auf der ca. 90 km langen Zufahrt zum Nationalpark Perito Moreno (nicht mit dem gleichnamigen Gletscher zu verwechseln).

Doch auch ein Asphaltbelag muss keine Garantie für unbekümmertes Fahren sein. Wenn ein lapidares Schild am Straßenrand auftaucht, das auf eine „zona de baches“ hinweist, sollte man tunlichst mit größter Vorsicht navigieren. Baches sind nämlich Schlaglöcher – und die können es durchaus in sich haben. Ganz harmlos sieht es von weitem aus, wie ein Stück Asphalt, der kürzlich einmal ausgebessert worden sein muss. Erst in letzter Sekunde erkennt der Fahrer mit großem Schreck, dass ein großes Loch auf seiner Fahrbahn klafft, das durchaus die Tiefe eines halben Rades aufweist. Wie gut, dass erfreulich wenig Verkehr herrscht, so dass ein Slalom über die ganze Straßenbreite fast immer möglich ist.

Der „Arco de Piedra“

Besonders ruppige Abschnitte erleben wir auch auf dem kleinen Sträßchen, das am Arco de Piedra vorbei zum Lago Pueyrredón führt oder der kaum befahrenen Provinzstraße N 39, die zum winzigen Grenzübergang am Paso Roballos führt. Hier quält reinstes „Wellblech“ unser armes Kischdle wieder einmal besonders heftig. Wir wundern uns immer wieder, dass es so klaglos alle diese Schikanen erträgt. Die Schraube, die wir am Unterfahrschuz verloren haben, zählt ja kaum. Zumal wir die neue inzwischen Dank der Unterstützung von Thomas wieder installieren konnten.

Inzwischen sind wir wieder in Chile angekommen, ein besonderes Highlight erwartet uns hier: die Carretera Austral. Dort waren wir vor sieben Jahren mit unseren Fahrrädern bis nach Tortel geradelt und wir sind sehr gespannt, ob und wie sie sich verändert hat. Aber eines wird ganz sicher noch zur Genüge vorhanden sein: ripio!

2 Kommentare

  • Thomas Burkhardt

    Wir konnten bei Deinem tollen Artikel gerade so richtig mitfühlen, kürzlich hatten wir im Atlasgebirge 2 1/2 Tage mit fast nur im ersten Gang.
    Bei den Ripios fahre ich auf Geraden so 60 bis 70 km/h, dann fliegen wir drüber.
    Weiterhin gutes Gelingen, herzlichst Tom

    • admin

      Hallo Tom,
      ja, die Sache mit dem Ripio. Hier ist es nicht so einfach mit dem darüber „fliegen“. Nicht immer sind die „Wellblechstrecken“ nur geradeaus. Außerdem muss man immer damit rechnen, dass urplötzlich ein richtig tiefes Schlagloch auftaucht. Und dann rumpelt es noch heftiger… 😮
      Aber so ähnlich dürfte es für euch auch im Atlas Gebirge sein! Vielen Dank für deinen Kommentar und viele Grüße nach Marokko vom Kischdle Team

Eine Antwort schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert